... in dieser Welt Fuß zu fassen - aber es hat ja auch niemand etwas Anderes behauptet... Und überhaupt: Am meisten Quatsch ist man doch sowieso selber Schuld - oder?
Hallo Reisende,
es ist eine schwere Zeit - vermutlich verbunden mit der hohen Euphorie und Freude des Wochenendes, an dem wir auf dem Blackfield Festival in Gelsenkirchen waren. Überhaupt eines der schönsten "schwarzen" Festivals in Deutschland: nette und ausgewogene Bandauswahl und familiäre Atmosphäre... In direkter Nähe dazu der Nordsternpark - die Symbiose von Industrial und Natur schlechthin - könnte es da etwas besseres geben?!
Aber mir ist garnicht groß danach vom Blackfield zu schreiben - nicht, weil es nicht schön war, sondern weil es sich im Moment nicht richtig anfühlt... Seltsam - oder? Aber so ergeht es mir - schreiben kann ich nur nach Gefühlslage und nicht nach Befehl - schlimmer insofern noch, dass die schönsten zu Papier gebrachten Stücke nur in not- und schmerzgefüllten Momenten entstehen... Ich gehöre übrigens noch zu der aussterbenden Spezies, die ihre "Gedanken und was darüber hinausgeht" in einem ersten Schritt vorerst mit Bleistift auf Papier bringen. Erstmal kann ich dann schnell genug schreiben und an der Schrift (ne - kein Ausflug in die Typographie) noch schöne herauszuarbeitende Nuancen erkennen. Der Computer würde auch die Stimmung versauen...
Viele meiner Gedichte sind entweder während meiner Bundeswehrzeit in der Nachtwache entstanden... Dabei sei noch kurz angemerkt, dass diese Zeit sicherlich zu den prägendsten Erlebnissen in meinem Leben gehört und mich ziemlich verändert hat... Manche sagen ich sei ein anderer Mensch geworden - wäre kein Wunder, bei den Dingen, die uns damals da passiert sind...
Und die anderen Gedichte?! Nun ja - da kommen die üblichen Verdächtigen zusammen: Trauer, Liebeskummer, Alkohol, Einsamkeit... Wobei ich sagen muss, dass man zwischen den Gedichten vor und nach meiner Ver-halb-waisung schon auch noch deutliche Unterschiede erkennt... Sind sie doch erst jugendlich naiv und sich drehend um "diese eine Liebe" und driften später ab... Naja - in die Gefühlswelt, in der ich mich jetzt befinde...
Es war in der ersten Zeit sehr schwer mit dem Gefühl klarzukommen "zu den anderen GLÜCKLICHEN" nicht mehr dazuzugehören... Als ob der schmale Seidenfaden zur Leichtigkeit gerissenistn.. Und ich ertappe mich noch heute dabei auf einer Party ein wenig abseits zustehen und alles auf mich wirken zu lassen - nicht aus Schüchternheit (das war ich früher!), sondern um das Glück aufzusaugen... Das Gefühl ist schwer zu beschreiben - und Menschen, die (zum deutlichen Glück!) niemals ein Elternteil im Kinder- oder Pubertätsalter verloren haben, können das weder verstehen noch nachvollziehen... Zumindest ist das meine Erfahrung... Es verhält sich ein wenig so, wie man auch nicht aus dem Licht einer Straßenlaterne in die dunkle Seitenstraße schauen kann, aber dennoch gesehen wird (jeder, der mal dringend wild pinkeln musst, wird sich sehr über diesen Umstand gefreut haben...)
Aber zurück: Da tanzen sie, diese unbekümmerten Menschen.. Man sagt immer so leicht "der bekommt sein Leben aber gut in den Griff", "der ist überall beliebt und zieht das alles so durch", "der hat diese unbekümmerte Ausstrahlung" (und die ist ja sehr begehrt)... Man selbst fühlt sich dann immer einfach nur satt und weiß: "Das trifft nicht und niemals mehr auf mich zu"... Vermutlich weil einfach ein Teil in einem selbst für immer gestorben ist - ich weiß es nicht... Vielleicht ist auch die tiefe Verletzung der Seele und der Schock, die einen für immer verändern?!
Auf jeden Fall steht man dort und sieht die Leute - tausendmal gesehen und denkt sich "ihr redet über eure kleinen Probleme, kommt in meine Lage! Denkt ihr wüsstet was abgrundtiefer Schmerz und Macht- und Hilflosigkeit ist - lasst uns 24h tauschen..." Das würde zumeist reichen... Aber andererseits will man diesen Menschen ihr jungfräuliches Glück ja auch gönnen... Denn man kennt diese Leute - aber das davonstehlen von Partys hat man einige Zeit nach den Beruhigungstabletten abgelegt und sich mit der Situation arrangiert.
Man dreht das Bild (oder Frame) ein wenig und kommt dann halt als bedacht oder erfahrener rüber... Vielleicht manchmal ein bisschen arrogant, aber das geht schon klar... Wenn man tanzt, dann überlegt man genau, wann man sich ganz hingibt... Denn man tanzt DANN nicht mehr wie die Anderen, wenn sich in Ekstase die Seele nach außen kehrt - also wird dieser Moment nur mit Bedacht gewählt... Am besten bei Liedern, in denen die Anderen dies auch tun... Für einen selbst aufgrund derer kleinen Probleme natürlich maßlos überspitzt... Sonst bleibt man halt einfach kontrolliert - wobei kleine Fehler erlaubt sind... Fehler sind natürlich...
Das ganze ist natürlich nur eine winzig kleine Facette des "Andersseins" - vielleicht erkennen sich einige Leidensgenossen/innen wieder... Vielmehr bestimmt dieses Anderssein nahezu den gesamten Alltag - auch Jahre danach... Man lebt anders, leidet anders, liebt anders... Und man geht mit glücklichen Menschen anders um... Mit dem Hintergedanken eben nicht mehr dazuzugehören... Da der menschliche Verstand aber kausal angelegt ist und stets Ursachen für die ersichtliche Situation sucht, fühlt es sich irgendwann an, als sei so alles schon richtig und man habe es so verdient... Das impliziert natürlich den Ausschluss aus eigenem Glückerleben... Verrückt und unlogisch, aber so fühlt Mensch eben, auch wenn er anders denkt (oder dies möchte)...
Mhh, eigentlich wollte ich doch - wo ich vorhin gerade auch bei Liebeskummer war *jetztfängtderdamitan* - noch über einen zweiten Gedanken sinnieren, aber wenn man ersteinmal angefangen hat zu schreiben... Obwohl - das deckt sich auch ganz gut mit dem Thema "Glücklichsein" und es gab dazu auch mal einen Artikel im Stern-Neo:
Über ewige Paare - ich glaube diese Erscheinung kennt nahezu jeder aus seinem Freundeskreis... Während man selbst und der Rest der Welt (man selbst natürlich immer viel schlimmer als der Rest!) den ganzen erwachsenwerden-und-HerzdurchLiebeverstümmelQuatsch mitmacht.... So das volle Programm mit schwarzem Loch, Rosenkrieg, Betrug, Verlust der einen großen Liebe, neue Beziehungen suchen, nochmal scheitern, Selbstzweifel, Charakterändern.... Da ist dieses eine Paar, die wirklich ewig zusammen sind... Da ist man neidisch auf deren Glück - und manchmal ist man auch so fies und gönnte das denen nicht... Warum mussten die dieses Scheiß denn nicht mitmachen und könnten einfach mit DEM/DER EINEN glücklich werden? Noch schlimmer wirds, wenn sich diese dann nach 8 Jahren Beziehung auch noch ohne Stress trennen - da erkläre einem mal wo die Fairness in der Liebe liegen soll?
Ich weiß, eigentlich sollte man sich darüber keine Gedanken machen und sich einfach nur freuen, vielleicht ist der Mensch aber einfach von Grund auf gierig und misgünstig und kann es nur durch Verstand und Gewissen überwinden...
Beruhigend ist dann immer nur, dass diese Menschen auch etwas schönes Verpassen: Das "wieder neu Verlieben" und viel wichtiger "wieder neu Hingeben"... Vielleicht haben sie ja auch nie gelernt richtig zu flirten?! Wer weiß...
In diesem Sinne...
Heute etwas Altes - aus Zeiten, in denen Oomph noch EBM machten (Anspieltipp!)
Ist es schön mich auf den Knien zu sehn?
Ist es schön in meinem Blut zu stehn?
Ist es schon?
Lass Dir meine Liebe auf der Zunge zergehn!
Wie schmeckt die mein Herz?Oomph: "Mein Herz?"
Thorben: "Auf jeden Fall steht man dort und sieht die Leute - tausendmal gesehen und denkt sich "ihr redet über eure kleinen Probleme, kommt in meine Lage! Denkt ihr wüsstet was abgrundtiefer Schmerz und Macht- und Hilflosigkeit ist - lasst uns 24h tauschen..." "
AntwortenLöschenHab das schon ne Weile für dich aufm Rechner, aber vielleicht ist erst heute dann der richtige Tag dafür:
"Verstehen wie es ist ein Elternteil zu verlieren, nein. Nachvollziehen wie es sich anfühlt von einem Elternteil verlassen zu werden - ja."
Soll weder Tröstungsversuch noch Rechtfertigung sein, dass ham wa beide nicht nötig. Einfach nur ein stiller Gedanke zu deinem Eintrag, zu diesem Tag, zu allem was grad so (nicht) läuft.
Jo
soweit
Gruß Adrin